Wie kommt es, lieber James, dass die Menschen unter denen sich doch auch kluge, selbständig denkende Leute befinden, das Wesen des Geldes so schwer ergründen können? Ich glaube, es kommt daher, dass sie von Kindesbeinen auf mitten im Gelde leben, zu eng mit ihm verwachsen sind und daher nicht die nötige Distanz zu ihm finden. Das Geld verrichtet eine bestimmte Funktion im täglichen Leben, nämlich die Funktion des Kaufens und Bezahlens, mit solcher Selbstverständlichkeit, dass man nur schwer von der Vorstellung loskommt, das Geld und die Funktion seien ein und dasselbe.
Denke also, lieber James, jetzt einmal nicht an das Geld, das den Verkehr vermittelt, sondern überlege Dir, welchen Sinn der wirtschaftliche Verkehr zwischen den Menschen als solcher hat. Dann drängt sich Dir zunächst eine Beobachtung auf, die schon viele Menschen vor Dir gemacht haben: dass nämlich dieser Verkehr im Grunde genommen nur ein Tauschverkehr ist. So kompliziert unser Wirtschaftsleben auch aussieht, letzten Endes läuft es doch lediglich darauf hinaus, dass täglich zahllose Gegenstände für den Verbrauch hergestellt und zu diesem Zweck zwischen Herstellern, Händlern und Verbrauchern ausgetauscht werden. Wer auch immer eine Ware verkauft oder eine Leistung anbietet, immer kommt es ihm darauf an, andere Waren oder andere Leistungen dafür zu erhalten.
Die Wirtschaft unserer Tage beruht also, ganz wie die der grausten Vorzeit, auf dem Tauschverkehr. Sie wirkt nur deshalb etwas kompliziert, weil ein so wirres Durcheinander von Eigentümern, Verwaltern, Darlehnsgebern und Darlehnsnehmern herrscht; mit anderen Worten, weil sich das Element des Kredits in unserer Zeit so breit macht
Bei diesem Element müssen wir ein wenig verweilen, mein Junge, denn wir haben es hier mit dem wichtigsten aller Wirtschaftsfaktoren und – um es Dir jetzt schon zu verraten – einem nahen Verwandten des Geldes zu tun. Ich habe eben gesagt, dass der Kredit den modernen Verkehr kompliziert, und dass man ihn daher nicht immer als den Tauschverkehr erkennt, der er in Wirklichkeit ist. Da könntest Du mich nun fragen: Warum schilderst Du mir denn nicht die Verkehrsvorgänge in einem Lande, in dem man den Kredit, diesen vertrackten Störenfried, nicht kennt, und in dem sich daher die Tatsache des Tauschs von Ware gegen Ware unverhüllt in nackter Augenfälligkeit zeigt? Antwort: Weil es ein solches Land nicht gibt und nie gegeben hat. Der Kredit ist genau so alt wie der menschliche Wirtschaftsverkehr und lässt sich nicht aus ihm fort denken.
Aber wie kommt dieser Kredit nun zwischen Lebensmittelkäufer und -händler sowie zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zustande?